Apr
17
Hubmann: Offener Brief an BM Berlakovich
Sehr geehrter Herr Bundesminister !
Als langjähriges Mitglied der Kommission nach § 7 LWG nehme ich naturgemäß Anteil an der Entwicklung der Agrarstatistik und der agrarsozialen Forschung in Österreich.
Aus mehreren Aussendungen und Medienberichte habe ich erfahren, dass die Entscheidung über die Neubesetzung der Leitungsfunktion in der BA für Bergbauernfragen großen Unmut auslöst.
Ich schicke voraus: Der Bewerber Thomas Dax ist mir wegen unserer gemeinsamen langjährigen Tätigkeit in der §7 Kommission und von Vorträgen und Publikationen gut bekannt. Um die nunmehr bestellte Kollegin Desiree Ehlers kennenzulernen musste ich auf Suchmaschinen zurückgreifen.
Im Katalog des österreichischen Bibliothekverbundes habe ich 32 wissenschaftliche Arbeiten von Thomas Dax gefunden. In dieser Liste spiegelt sich der Wandel des österreichischen Agrarsystems der letzten zwanzig Jahre wider. Frau Desiree Ehlers ist ebendort mit 2 (zwei !) Publikationen vertreten. Beide Titel beschäftigen sich mit Grünraumgestaltung in urbanen Räumen. Mit einem Wort. Frau Ehlers hat wenig Praxis im wissenschaftlichen Arbeiten und Null Erfahrung in den Sozialwissenschaften des Agrarsektors. Dass man hier nicht, wie in einer Aussendung ihres Büros (APA-OTS 0186 vom 14.04.), von einer fachlichen Ebenbürtigkeit der beiden Bewerbungen sprechen kann, begreift auch der Sportreporter eines Boulevardblattes.
Jahrzehntelang haben Frauen im öffentlichen Dienst darunter gelitten, dass bei der Besetzung von attraktiven Dienstposten, ihnen trotz gleicher Qualifikation Männer vorgezogen worden sind. Ein Unrecht einfach umzudrehen schafft noch kein Recht. Ich mag über die Motive dieser Fehlentscheidung nicht spekulieren. Dem Grundgedanken des Gleichbehandlungsgesetzes hat man damit jedenfalls einen Bärendienst erwiesen.
Sozialwissenschaftliche Forschung, die zu etwas nütze sein soll, wird immer im Widerstreit verschiedener gesellschaftlicher Interessen stehen, insbesondere wenn sie in eines Dienststelle des Ministeriums betrieben wird. (Ich kann mich z.B. erinnern, dass vor vielen Jahren monatelang darum gerungen wurde, dass eine Arbeit der Bundesanstalt zum Thema Gentechnik überhaupt publiziert werden konnte.) Nicht alle Ergebnisse werden immer im Interesse aller Stakeholder sein.
Um die Arbeit einer Bundesanstalt aus den tagespolitischen Konflikten heraushalten zu können, muss die Leitung einerseits kompromisslos auf wissenschaftliche Qualität achten und andererseits für ein ruhiges und weltoffenes Arbeitsklima sorgen.
Beides scheint mir durch die Bestellung einer Leiterin, die in der einschlägigen scientific community nicht einmal bekannt und schon gar nicht verankert ist, nicht gewährleistet.
Herr Bundesminister ich bitte Sie dringend, die Grundlagen dieser Personalentscheidung nochmals transparent zu machen und das Bestellungsverfahren gegebenenfalls zu wiederholen.
mit freundlichen Grüßen
Richard Hubmann
an die Mitglieder der §7 Kommission
Personalvertretung der BA für Bergbauernfragen
Frau Desiree Ehlers
Herrn Thomas Dax